Biofeedback

Beckenbodenschwäche – ein großes Tabuthema

 

Als Beckenboden werden verschiedene Muskeln und Gewebe bezeichnet, welche die Bauchhöhle nach unten begrenzen. Es werden dadurch die Beckenorgane (Harnblase, Scheide, Gebärmutter, Enddarm) in ihrer richtigen Position gehalten. Durch Öffnungen im Beckenboden verlassen Harnröhre, Scheide und Enddarm die Bauchhöhle. Diese Öffnungen können im Laufe des Lebens durch schwere körperliche Arbeit, chronischen Raucherhusten, Schwangerschaften und Geburten oder Nervenschädigungen (z.B. durch Zuckerkrankheit) geschwächt und überdehnt werden. In weiterer Folge treten Störungen in der Haltefunktion auf. Daraus resultieren unwillkürlicher Harn- oder Stuhlabgang oder es kommt zum Absinken von Harnblase, Gebärmutter, Scheide oder Darm (Senkungsbeschwerden; Uterus- oder Rectumprolaps).

 

Welch wichtige Funktion der Beckenboden erfüllt, wird vielfach erst dann augenscheinlich, wenn eine Störung auftritt. Oftmals sind die Symptome, welche sich durch eine Beckenbodendysfunktion ergeben mit einem großen Schamgefühl vergesellschaftet. Viele Betroffene sprechen nicht über ihre Leidensgeschichten und nur ein geringer Teil der Betroffenen sucht einen Arzt auf.

Der Beckenboden, also der bindegewebig-muskulöse Abschluss der Bauchhöhle des Menschen nach unten hat im wesentlichen drei Hauptfunktionen: das Anspannen, das Entspannen und das sogenannte reflektorische Gegenhalten. Letzteres geschieht als Reaktion auf eine Druckerhöhung im Bauchraum und verhindert zum Beispiel einen Urinverlust beim Heben schwerer Gegenstände. In aller Regel erfüllt der Beckenboden diese drei Hauptfunktionen automatisch und ist daher den meisten Menschen unbekannt.

Biofeedback – eine schonende Behandlungsoption mit sehr guter Erfolgsquote

 

Biofeedback ist eine schonende Behandlungsmethode, die sich zur Therapie von Beckenbodenbeschwerden und Inkontinenz bestens bewährt hat. Mittels Vaginal- oder Anal-Sonden wird die Muskelspannung im Beckenboden gemessen und dem Patienten rückgemeldet. Diese bildhafte Darstellung hilft den richtigen Bereich der zu trainierenden Muskulatur zu lokalisieren und die Wirkung der Anspannungs- und Entspannungstechnik mitverfolgen zu können. Bei regelmäßiger Anwendung über 3 bis 6 Monate hindurch, können hohe Erfolgsraten erzielt werden.

Zu Beginn kann bei sehr geschwächter Muskulatur durch entsprechende elektrische Impulse die Muskulatur angeregt werden, um dann eine effizientes Anspannen ermöglichen zu können. Biofeedback stellt eine ideale Ergänzung zum Beckenbodentraining dar, denn man lernt wirklich die richtigen Muskeln anzuspannen und erhält auch eine Rückmeldung über die Muskelkraft und somit über den Therapieerfolg. 

Vorteile von Biofeedback:
• Schmerz- und Nebenwirkungsfrei
• Direkte Kontrolle durch optische oder akustische Rückmeldung
• Wiederholbare Methode zur Beschwerdereduktion
• Hohe Wirksamkeit
• Training auch mit Heimgeräten möglich

Ablauf eines Behandlungszyklus:
Wenn sich nach einer gezielten urogynäkologischen und chirurgischen Untersuchung, die Indikation zum Beckenbodentraining und Anwendung von Biofeedback ergibt, erfolgt zunächst eine Einschulung in unserer Praxis. Das Biofeedback ermöglicht eine sichtbare Messung der Muskelspannung Ihres Beckenbodens mit Hilfe von Vaginal-, Anal-Sonden. Diese Sonden können Sie vor der Messung unter Anleitung wie ein Tampon in die Scheide oder den Anus einführen. Während der Übung liegt man angekleidet und entspannt auf einer Liege, nur das Verbindungskabel schaut aus Ihrer Kleidung heraus. Auf einem Bildschirm kann man nun die Muskelspannung ihres Beckenbodens ablesen. Man sieht auch wie stark eine Anspannung ausgeführt werden kann. Bei Bedarf kann durch elektrische Impulse, die Beckenbodenmuskulatur zusätzlich stimuliert werden. Auf Wunsch kann dann das Training mittels Heimgerät fortgeführt werden. Das Leihgerät kann über eine Krankenkassenverordnung für 3 oder 6 Monate bezogen werden.

Biofeedback – auch Studien belegen den großen Stellenwert dieser Methode

Society of Urologic Nurses and Associates

So berichten Mary Riley und Linda Organist von der Society of Urologic Nurses and Associates, dass Biofeedback die empfohlene First-Line Behandlung für Dranginkontinenz darstellt, da die Methode mit der medikamentösen Behandlung mithalten kann, jedoch gänzlich frei von Nebenwirkungen ist (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24716376).

Pamukkale University Faculty of Medicine

Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass ein verbesserter therapeutische Effekt zur Behandlung von Stressinkontinenz erreicht werden kann, wenn Beckenbodentraining von den Patientinnen zu Hause mit Biofeedback kombiniert wurde, im Vergleich zu alleinigem Beckenbodentraining ohne Biofeedback (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28345778)

Guangzhou Medical University

Auch eine Studie der Guangzhou Medical University fand, dass ein Beckenbodentraining mit Biofeedbackunterstützung eine große Wirksamkeit bei Harninkontinenz bei Frauen nach der Geburt oder nach dem Eintritt in die Menopause darstellt (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25537247).

New York Medical College

Bezüglich Stuhlinkontinenz berichten Forscher vom New York Medical College von positiven Ergebnissen bei 80% der behandelten Patienten. Auch in anderen Studien wurden Werte von über 70% gemessen (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23328298).

Neben dem reinen Spüren der Kontraktionen und Rückmeldung durch das Gerät, dass man die richtigen Muskelgruppen aktiviert hat, gibt es auch die Funktion der Elektrostimulation, mit der es gelingt die geschwächten Muskeln aktiv zu stimulieren. Die Elektrostimulation im Rahmen der Inkontinenztherapie kann bei folgenden Formen der Inkontinenz eingesetzt werden:

Stressinkontinenz

Bei der Streßinkontinenz (oder Belastungsinkontinenz) sind die zum Verschlußmechanismus gehörenden Muskelgruppen nicht mehr voll funktionsfähig. Bei Druckerhöhungen (z. B. durch Niesen, Husten, Lachen oder körperlicher Anstrengung) kommt es auch ohne Harndrang zu Urinverlusten. Ursache ist eine Schwächung der Beckenbodenmuskulatur, die z. B. durch Bindegewebsschwäche, Geburten oder Prostataoperationen hervorgerufen werden kann.

Mischform

Bei einer Mischform aus Streß- und Dranginkontinenz liegt sowohl eine Schwäche des Schließmuskelsystems als auch ein überaktiver Blasenmuskel vor.

Dranginkontinenz

Bei der Dranginkontinenz ist der Verschlußmechanismus von Blase und Harnröhre meist voll funktionsfähig. Häufig kommt es zu Austreibbewegungen der Blase, die willentlich nicht unterdrückt werden können. Man spricht von einem überaktiven Blasenmuskel. Der Harndrang ist nicht mehr beherrschbar und der Druck der Blase wird so stark, dass der Widerstand des gesunden Schließmuskelsystems überwunden wird. Mögliche Ursachen sind Störungen im übergeordneten Nervensystem.

Stuhlinkontinenz

Bei der Stuhlinkontinenz liegt eine Störung der Funktion des Enddarmverschlußsystems (Sphinkter anus externus) vor. Eine kontrollierbare Abgabe von Darminhalt ist nicht mehr möglich. Die Ursachen, die zu einer Funktionsstörung des Verschlußapparates führen, sind vielfältig.

In der Behandlung der verschiedenen Formen der Harn- und Stuhlinkontinenz hat sich die passive Elektrostimulation als Ergänzung zu aktivem Beckenbodentraining unter physiotherapeutischer Anleitung insbesondere für leichte bis mittelschwere Fälle sehr gut bewährt. Diese neuartige Kombinationstherapie können wir Ihnen in unserer Praxis durch unser kompetentes Team anbieten.